Ungewöhnliche Brachiopoden-Anreicherung aus
Doué-la-Fontaine
Von Gerhard Granzer,
Allhartsberg (9. Oktober
2022) veröffentlicht in leitfossil.de
Nach
dreimaliger Verschiebung konnten wir heuer im Juli endlich
unsere schon länger geplante Reise nach Frankreich absolvieren.
Wir verbrachten fünf Tage in der Normandie (Calvados, Côte
Fleurie, Fundstellen an der Küste) und danach einige Tage in
der Gegend Val-de-Loire - Poitou - Touraine. Es war ein sehr
schöner Urlaub mit vielen Erlebnissen, neben der
beeindruckenden Landschaft und den vielen Sehenswürdigkeiten
auch der Besuch einiger Fossilfundstellen.
In der
Normandie waren das Trouville-Hennequeville, Port-en-Bessin,
Luc-sur-Mer und Puys bei Dieppe, in Westfrankreich der
Steinbruch bei St. Laon, die Gegend bei Doué-la-Fontaine und
die Faluns der Touraine. Die Funde waren unterschiedlich, mal
gut, mal weniger gut. Unser Ziel war es aber im Wesentlichen,
von früher bekannte Fundstellen noch einmal zu besuchen und
schöne Erinnerungen aufzufrischen.
Recht
erfolgreich waren wir im Steinbruch bei St. Laon, wo uns gute
Funde gelangen. In einer Deponie bei Doué-la-Fontaine fanden
wir neben einigen nicht sehr gut erhaltenen Ammoniten und
Steinkernen von großen Muscheln bis zu einem Quadratmeter große
Platten, vollbesetzt mit Brachiopoden. Wir nahmen ein paar
kleinere Belegstücke mit, in der Hoffnung, ein paar
interessante Sammlungsstücke zu erhalten.
In den
alten nicht renaturierten Sandgruben um Doué-la-Fontaine wird
immer wieder Bauaushub und Bauabbruch gelagert. Dadurch hat man
die Chance, miozäne Fossilien wie Scutella und
Haizähne im Anstehenden zu finden und anderes aus dem
angefahrenen Material. Südlich von Doué-la-Fontaine stehen
Bajoc und Bathon an (Mitteljura; siehe Geokarte Abbildung 6),
und aus solchen Bathon-Sedimenten stammen die
Brachiopoden-Platten, die in einer solchen Ausbildung und
Anreicherung der Fossilien bisher unbekannt waren, jedenfalls
mir.
Dieses
Brachiopoden-Lager ist wohl eine Zusammenschwemmung, entstanden
durch ein Sturmwellen-Ereignis. Die oberflächlichen
Gehäuseschäden sind recht gering, also war es wohl kein langer
Transportweg. Eine alternative Erklärung wäre eine jähe
Sediment-Schüttung, durch welche die dicht an dicht lebenden
Tiere einer Kolonie verschüttet wurden und am Lebensort fossil
wurden, also eine autochthone Lagerung.
Leider
zeigte sich bei der Präparation, dass nicht alle Brachiopoden
perfekt erhalten waren. Die große Ansammlung der Exemplare in
dieser Schicht erscheint mir aber doch bemerkenswert. Bei der
Calvados-Reise 2014, die wir mit Richters absolvierten, haben
wir bei Port-en-Bessin ähnliche, allerdings meist etwas größere
Brachiopoden gefunden, jedoch hier gleichmäßig im Gestein
verteilt. Ich denke, dass es sich bei den Doué-Brachiopoden
ebenfalls um Sphaeroidothyris sphaeroidalis
handelt.
Die Art
Sphaeroidothyris sphaeroidalis (J. de C. SOWERBY,
1823) hat eine große Variationsbreite. Die Gehäuse sind
kugelig, das Stielloch ist klein.
Thomas
Davidson bildet in seinen „British oolithic and liassic
Brachiopoda“ (1851) auf Tafel XI (siehe Abbildung 7) eine
größere Anzahl von Gehäusen ab, darunter den damals in der
Sammlung von J. de C. Sowerby liegenden Holotypus
(Terebratula sphaeroidalis ; Figur 9) aus dem Inferior
Oolite.
Abbildung 1:
Brachiopoden-Platten, Muscheln der Gattung
Pholadomya und ein unbestimmbarer Ammonit.
Abbildung 2:
Die große Platte von Abbildung 1, jetzt aber
präpariert. Die Brachiopoden gehören zur Art
Sphaeroidothyris sphaeroidalis. Vielleicht ist es aber
gar keine Zusammenspülung, sondern die Überlieferung einer
dicht an dicht lebenden Kolonie, bewahrt durch eine jähe
Sediment-Schüttung? Abmessungen 26 x 19 Zentimeter.
Abbildungen 3 und
4: Ausschnitts-Vergrößerungen aus den Platte.
Abbildung 5:
Zwei präparierte vollkommen freie Brachiopoden; Größe
des rechten Exemplars 2,6 Zentimeter.
Abbildung 6:
Geokarte der Umgebung von Doué-la-Fontaine. Aus dem
Internet.
Abbildung 7:
Ausschnitt aus Tafel XI in Davidsons „Oolitic
and liassic Brachiopoda“ mit der Darstellung
verschiedener Exemplare der Art Sphaeroidothyris
sphaeroidalis (J. de C. SOWERBY, 1823). Das Sowerby'sche
Original ist rot markiert.
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