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Bergbauhistorische Besonderheiten an der
NÖ -Eisenstraße
Sonntagberger Wetzsteine
Der zur Flyschzone (Sandsteinzone)
gehörige Sonntagberger Höhenrücken enthält an
manchen Stellen einen sehr quarzreichen Sandstein, der sich
hervorragend für die Produktion von Wetzsteinen eignet. Bis
um 1900 beschäftigten sich einige bäuerliche Betriebe
vor allem am Südwestabhang des Sonntagberges mit der
Herstellung dieser für die damalige Arbeit in der
Landwirtschaft wichtigen Hilfsmittel. Die "Sonntagberger
Wetzsteine" genossen weithin aufgrund ihrer Qualität
sehr guten Ruf.
Die Stollen in denen das Rohmaterial
für die Wetzsteine gewonnen wurde, sind zum Teil heute noch
aufzufinden. Vor allem oberhalb des Hauses "Stölln"
ist noch ein Stollen zugänglich und zeigt sehr schön die
für die Wetzsteinerzeugung abgebauten Schichten.
Die Waidhofner Schleifsteinbrüche
Die zahlreichen Hammerwerke der
Eisenwurzen, die Werkzeuge, wie Sensen, Sicheln, Messer u. a.
anderes in großer Zahl herstellten, benötigten für
die Endfertigung ihrer Produkte Schleif- und Wetzsteine, die in
der Vergangenheit ebenfalls in der Region bergmännisch
gewonnen wurden. Dieser Berbauzweig auf Quarzsandstein in der
niederösterreichischen Flyschzone ist heute weitgehend in
Vergessenheit geraten. Steinbrüche zur Schleifsteingewinnung
befanden sich auch im Raum Waidhofen/Ybbs, Sonntagberg und
Windhag. Wahrscheinlich europaweit einmalig*)
dürfte die untertägige Gewinnung dieser Schleifsteine
bei Waidhofen/Y. gewesen sein. Gegenüber dem Schloss Zulehen
sieht man im Gelände mehrere verwachsene Halden und Pingen,
sogar ein heute noch zugänglicher Stollen ist erhalten. In
diesen zum Teil sehr geräumigen untertägigen Abbauen
wurden Schleifsteine bis zu 2 m Duchmesser und 30 cm Stärke
gebrochen und roh zugehauen, bevor sie über Tag
befördert wurden. In den Stollen sieht man noch heute die
Negative der großen Steine. Wahrscheinlich war die
Bearbeitung des harten Sandsteines in bergfrischem Zustand
leichter, außerdem konnte der Abraum sogleich zum Versatz
der abgebauten Bereiche verwendet werden.
Dass diese interessanten
Bergbauaktivitäten nicht ganz in Vergessenheit geraten sind,
verdanken wir einem Zufall. Dipl. Ing. Otto Fitz aus Wien, der
aufgrund von Aktivitäten bei der Gestaltung des
Mineralienkabinetts im Stift Seitenstetten von den Vorkommen von
Ruinenmarmor in Zusammenhang mit der Schleifsteingewinnung bei
Waidhofen/Y. wusste, fand in der Universtätsbibliothek von
Miskolc, Ungarn, eine alte Handschrift aus dem Jahre 1806
über den Ybbstaler Schleifsteinbergbau. Diese Handschrift mit
dem Titel "Die Schleifsteinbruch
Manipulation" verfasst vom damaligen Verwalter des
Schleifsteinbergbaues Johann Engleitner (1771 ? 1807) stellt ein
äußerst interessantes Dokument dar, in dem die
Arbeitsweise und das Entstehen der Schleifsteine genauestens in
Wort und Bild wiedergegeben wird. Vor allem die
künstlerischen Fähigkeiten Engleitners erlaubten ihm
eine sehr anschauliche Darstellung der einzelnen
Arbeitsvorgänge bei der Gewinnung und Fertigung der
Schleifsteine. Sehr erfreulich ist, dass im Jahr 1990 in
Zusammenarbeit zwischen der Universtät Miskolc und dem
Kulturamt der Stadt Waidhofen/Ybbs diese wertvolle Arbeit als
Reprint herausgegeben wurde, ergänzt mit Erläuterungen
zur Geschichte des Schleifsteinbergbaues und zur Biographie
Engleitners durch Dipl. Ing. Otto Fitz (Wien) und Dipl. Ing. Horst
Weineck (Eisenerz).
*)Berichtigung im Jänner
2006:
Aufgrund dieses Artikels kam es zu Kontakten, die Informationen
erbrachten, dass auch in Deutschland, bei Spiegelberg im
Schwäbischen Wald, auf ähnliche Weise Schleif- und Wetzsteine
abgebaut wurden. Dort sind zur Zeit Bemühungen im Gange, ein
Besucherbergwerk einzurichten. (Kontaktadresse:
m.schaible-spi@t-online.de)
Sonntagberger Ruinenmarmor
In der gleichen geologischen Formation, in
der die Schleifsteine gewonnen wurden, kommt auch immer wieder der
sogenannte "Ruinenmarmor" vor, ein Kalkmergel mit
landschaftsähnlichen Zeichnungen, die durch Eindringen von
Limonit in die feinsten Risse des Mergels hervorgerufen werden. Im
18. Und 19. Jahrhundert wurde dieses Material, das auch an anderen
Stellen der niederösterreichischen Flyschzone vorkommt, sehr
geschätzt.
In den letzten Jahrzehnten wurde es von
Sammlern wiederentdeckt und zu teilweise sehr attraktiven
Sammlungsstücken verarbeitet, die den berühmten
"Landschaftsachaten (Paesine)" der Toskana sehr nahe
kommen.
Literatur:
Fitz, Weinek, Die Schleifstein Manipulation,
Miskolc-Waidhofen, 1990
Weinek, Die Schleifsteinbrüche in Waidhofen an der Ybbs und
Umgebung, Heimatkundliche Beilage zum Amtsblatt der BH Amstetten,
1991
Pontesegger, Chronik Markt Sonntagberg, 1988
Sigmund, Die Minerale Niederösterreichs, 1937
Zeitungsartikel, Der Bote von der Ybbs, NÖN, 1991
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